Augenzeugen des arktischen Wandels

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Jun 16, 2023

Augenzeugen des arktischen Wandels

AWI-Direktorin Antje Boetius leitet Polarstern-Expedition in die zentrale Arktis Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung Bild: FS Polarstern im zentralen Arktischen Ozean in

AWI-Direktorin Antje Boetius leitet Polarstern-Expedition in die Zentralarktis

Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

Bild: FS Polarstern im zentralen Arktischen Ozean im Jahr 2012mehr sehen

Bildnachweis: Alfred-Wegener-Institut/Stefan Hendricks

Am Donnerstag, 3. August 2023, soll das Forschungsschiff Polarstern vom norwegischen Tromsø aus in Richtung Nordpol aufbrechen. Zwei Monate lang werden gut fünfzig wissenschaftliche Expeditionsteilnehmer die Arktis im Übergang erkunden, während die Meereisausdehnung im September ihr jährliches Minimum erreicht. Sie werden die Biologie, Chemie und Physik des Meereises sowie die Auswirkungen des Meereisrückgangs auf das gesamte Ozeansystem von der Oberfläche bis zur Tiefsee erforschen. Vor elf Jahren war Antje Boetius Teil des bislang größten Meereisminimums in der Arktis und seiner Folgen für das Leben in der Tiefsee. Nun kehrt sie mit ihrem Team zurück, um den heutigen Zustand der Arktis zu vergleichen – auch mit den Daten der MOSAiC-Expedition 2019/20. „Ich bin sehr gespannt, wie sich das Meereis und das Leben im Ozean im letzten Jahrzehnt verändert haben“, sagt Antje Boetius. „2012 waren wir während der bisher geringsten dokumentierten sommerlichen Meereisausdehnung vor Ort und konnten erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem des zentralen Arktischen Ozeans bis zu über vier Kilometern Wassertiefe beobachten“, erklärt der Direktor des Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Im Moment beobachte ich die Meereissituation auf www.meereisportal.de besonders intensiv. „Wir wissen noch nicht, ob angesichts des weltweit heißen Jahres 2023 und der Tatsache, dass sich das Meereis in der Antarktis auf einem Rekordtief befindet, ein neues Minimum erreicht wird“, sagt der Leiter des Meereisphysik-Teams und MOSAiC-Experte Dr. Marcel Nicolaus berichtet: „Das Eis bedeckt derzeit eine Fläche von knapp 7,5 Millionen Quadratkilometern, ähnlich wie in den letzten zwei Jahren.“ Damit gibt es immer noch rund eine Million Quadratkilometer mehr Eis als im Jahr 2012. Allerdings ist die Sommerschmelze in vollem Gange und vor allem der Wind wird darüber entscheiden, wie sich das poröse, spröde Eis in den kommenden Wochen weiter verteilt.“ Wie sich die Zusammensetzung des Meereises vor Ort verändert, untersucht das Expeditionsteam im Detail: Mithilfe von Helikoptern geschleppter Sensoren wird die Meereisdicke gemessen, Eisbohrkerne ermöglichen die Analyse der Meereiszusammensetzung und die Untersuchung von im Eis lebenden Algen . Ein Unterwasserroboter misst, wie viel Licht durch das Eis in den Ozean gelangt, wenn dessen Oberfläche noch von Schnee oder bereits von Schmelzwassertümpeln bedeckt ist. Das Licht steht Mikroalgen (Phytoplankton) als Energiequelle für die Photosynthese zur Verfügung, die in den oberen Wasserschichten leben. Was mit dem von ihnen gebundenen Kohlenstoff passiert, wird (mikro-)biologisch, chemisch und physikalisch von der Wasseroberfläche bis zum Tiefseeboden erforscht. Die Planktologen an Bord wollen den Weg des Lebens direkt unter dem Eis bis in die Tiefsee verfolgen und bringen dafür verschiedene Kamerasysteme sowie autonome Probenehmer mit. Für die Arbeit sind mehrere sogenannte Eisstationen geplant: „Das Schiff legt an einer Eisscholle an, dann gehen die Eisforscher auf die Eisscholle, wir setzen verschiedene Roboter und Freifallgeräte ein und parallel dazu schauen wir uns die Lebewesen an der Eisscholle an.“ Unten mit den Zoologen, mehr als 4000 Meter tiefer. So erkennen wir Zusammenhänge in allen Ebenen des Ozeans vom Meereis bis zum Meeresboden“, erklärt Antje Boetius. Dabei kehrt das Team für Vergleichsstudien zu den gleichen Arbeitsgebieten wie 2012 zurück: in die besonders produktive Randeiszone und Regionen mit vielleicht noch mehrjähriger Eisbedeckung in der zentralen Arktis. Für die Arbeiten werden eine Reihe bewährter, aber auch neuer Technologien zum Einsatz kommen, beispielsweise Landersysteme, Tiefsee-Crawler und das am AWI entwickelte Ocean Floor Observation and Bathymetry System (OFOBS). Die Rückkehr erfolgt nach der sommerlichen Eisschmelze, wenn die herbstliche Meereisbildung beginnt. Unter den Teilnehmern ist auch ein Kamerateam der UFA Documentary GmbH, das die Expedition filmt. Die Fernsehdokumentation, die in Zusammenarbeit mit dem NDR produziert wird, soll zum Jahreswechsel in der ARD ausgestrahlt werden. Bereits während der Expedition können Interessierte im Radioprogramm von Radio Bremen Eindrücke von Bord gewinnen und die Expedition natürlich auch in der Polarstern-App (https://follow-polarstern.awi.de/?lang=de) verfolgen auf den Social-Media-Kanälen des Alfred-Wegener-Instituts. Polarstern soll am 1. Oktober in ihren Heimathafen Bremerhaven zurückkehren.

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Bild: FS Polarstern im zentralen Arktischen Ozean im Jahr 2012Haftungsausschluss: